Baltikum

Cesis

Eine kleine Exkursion in die Geschichte Lettlands…

Alsdann trug es sich zu und wir ritten gen Cesis, gleich in der frühen Stunde, nachdem wir unsere frisch getränkten Lasttiere bepackt hatten.
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Von unserem Basislager zogen wir gen Süden, trotzten Wind und Wetter (hüstel) und erreichten schliesslich, nach beschwerlichem Ritt durch den Gauja-Nationalpark den Ort Cesis.

Viele Letten sehen in dieser Stadt den vielleicht wichtigsten Ort im ganzen Land. Der Legende nach, soll sogar die lettische Fahne in diesem Ort ihren Ursprung haben. Man munkelt, dass der lettische König 1272 A.D. hier in einer Schlacht verwundet wurde. Als man ihn auf eine weisse Fahne bettete, so färbte sie sich rechts und links neben ihm rot, von seinem Blut, der Streifen in der Mitte blieb weiss…

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Heute noch findet man hier, gut 80 km nördlich von Riga, die alte Ordensburg und Reste der Stadtmauer aus dem Mittelalter. 1206 wurde die Stadt erstmals schriftlich erwähnt und man schreibt deren Gründung letztlich dem Schwertbrüderorden zu. Irgendwann zwischen 1207 und 1209 – die wenigsten von uns werden sich erinnern. Die ursprüngliche – deutsche -Bezeichnung Wenden, erhielt der Ort vom gleichnamigen Volk, als diese im 11. Jhd. den Platz zu ihrer neuen Heimat „erkoren“.
Die Ordensburg war Jahrhunderte lang eine der grössten Festungen in Livland; hier war der Sitz des Großmeisters und diverse seiner Gleichen führten die Geschicke der Stadt und der Region mal rechter mal schlechter. Es kommt wie es kommen muss, Quengeleien, Streitereien (vielleicht war Weibsvolk anwesend, die übliche Laier: „Du hast die Zugbrücke offen gelassen!“ „Bringe sie Met, wir wollen fröhlich sein“ „Hol dir dein Met doch selber!“ „Du hast dir schon wieder deinen sameten Umhang bekleckert!“ „So saufe er nicht wieder über die Maßen, wir wollen morgen noch zum Hufschmied, deine Zähne machen lassen!“ usw. usw.) man war sich nicht mehr grün. Die Lage wurde unstabil, manche nannten dies auch Reformation und dann kam auch noch Ivan IV – ja, das war er! Der Schreckliche. – Was machen die Leute? Sie sprengen den ganzen Klumpatsch in die Luft! Samt Burg. Da hat der schreckliche Ivan bestimmt dumm in die Röhre geguckt.

Als die gesamt Region 1721 an den russischen Zaren überging, war Wenden (Cesis) nur noch eine unbedeutende Kleinstadt.
Viel später wurden dann nahe der Stadt brutale Schlachten des Ersten Weltkrieges geführt. Zu allem Übel drangen nach offiziellem Kriegsende reichsdeutsche Truppen vor und hatten das Ziel, Lettlland und Estland zu besetzen. Ein estnisch-lettisches Heer besiegte jedoch die Angreifer und seither wird der 23. Juni als „Siegestag“ in ganz Lettland gefeiert.

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In den kleinen Altstadtgassen stehen immer noch alte Holz- und Kaufmannshäuser, die – wenn sie könnten – Geschichten aus vergangenen Zeiten erzählen würden. Zum Glück können sie das nicht, denn ich fürchte, die würden uns bis zum St. Nimmerleinstag vollquatschen – und so viel Zeit haben wir ja nun auch nicht.

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Nun denn, trotz der geschichtsträchtigen Vergangenheit und des doch so rüpelhaften Verhalten der Deutschen in der Vergangenheit, haben wir uns hierher getraut. Man lässt uns gewähren. Scheinbar traut uns dreien niemand etwas übles zu, welches wir auch weiss Gott nicht im Schilde führen. Auf der anderen Seite wird der Ort auch bis auf weiteres so nie Neusser heissen werden….

Wir fahren heim

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